In wenigen Tagen tritt ein Gesetz in Kraft, das für viele Menschen mit Behinderungen echte Veränderungen verspricht: Am 28. Juni 2025 wird das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wirksam. Zum ersten Mal verpflichtet eine gesetzliche Regelung in Deutschland auch private Unternehmen dazu, Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zugänglich zu machen. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), der sich seit vielen Jahren für diese Entwicklung einsetzt, begrüßt den Schritt – mahnt aber auch Nachbesserungen an.
Unter das neue Gesetz fallen zentrale Bereiche des Alltags: Online-Shops, Bankdienstleistungen, Zahlungsterminals, E-Books und Smart TVs müssen künftig so gestaltet sein, dass sie auch für Menschen mit Behinderungen ohne Einschränkung nutzbar sind. Für Christiane Möller, Justiziarin und stellvertretende Geschäftsführerin des DBSV, ist das ein Meilenstein. „Viele Menschen mit Behinderungen erwarten endlich spürbare Verbesserungen in ihrem Alltag“, betont sie. Es gehe jedoch nicht nur um Verpflichtungen – sondern auch um Chancen.
Immer mehr werdende Mütter in Deutschland lassen das Erbgut ihres ungeborenen Kindes auf genetische Besonderheiten wie Trisomie 21, 18 oder 13 untersuchen. Laut einer aktuellen Auswertung der Krankenkasse Barmer, über die MDR AKTUELL berichtet, nutzten im Jahr 2024 bereits 48,8 Prozent der Schwangeren diesen nicht-invasiven Pränataltest – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2023, als der Anteil noch bei 32 Prozent lag. Besonders groß ist das Interesse bei Frauen ab 36 Jahren: In dieser Altersgruppe machten 66,9 Prozent einen solchen Test.
Auffällig sind auch die regionalen Unterschiede. In Sachsen-Anhalt entschieden sich 2024 rund 54,4 Prozent der werdenden Mütter für den NIPT, während der Anteil in Thüringen bei 49,4 Prozent lag. In Sachsen hingegen waren es lediglich 37,2 Prozent – obwohl sich der Wert dort im Vergleich zum Vorjahr (19,1 Prozent) fast verdoppelt hat. Bei Schwangeren über 36 Jahren setzte sich dieser Trend noch deutlicher fort: In Sachsen-Anhalt ließen sich sogar 76,6 Prozent testen, in Thüringen 63,4 Prozent und in Sachsen nur 48,4 Prozent.
Inklusionsbetriebe leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur beruflichen Bildung – und das mit überdurchschnittlichem Engagement. Laut einer Mitgliederbefragung der Bundesarbeitsgemeinschaft Inklusionsfirmen e. V. (bag if) aus dem Jahr 2022 bilden rund 65 % aller Inklusionsbetriebe aus. Besonders bemerkenswert: Über 80 % dieser Ausbildungsbetriebe tun dies inklusiv – ihr Angebot richtet sich sowohl an Menschen mit als auch ohne Behinderung. Hauptmotivation bleibt dabei die Nachwuchssicherung und die enge Bindung der Auszubildenden an das Unternehmen. Doch trotz aller Motivation ist die Ausbildung in Inklusionsbetrieben mit zahlreichen Hürden verbunden. Häufig fehlen an Berufsschulen die notwendigen inklusionspädagogischen Kompetenzen, Berufsschulklassen oder auch Ausbildungsordnungen für spezifische Fachpraktikerberufe. Im ländlichen Raum kommen zudem oft große Distanzen zwischen Wohnort, Ausbildungsbetrieb und Berufsschule hinzu, was den Zugang zusätzlich erschwert.
Barrierefreie Wohnungen, zugängliche Schulen und Ämter, flexible Unterstützungsangebote – all das sollte laut UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland längst Standard sein. Seit 2009 ist die Konvention hierzulande geltendes Recht. Doch ein aktuelles Forschungsprojekt des Deutschen Instituts für Menschenrechte und der Universität Siegen zeigt: Die Realität sieht vielerorts noch anders aus.
Das Projekt mit dem Titel „UN-Behindertenrechtskonvention in den Kommunen“ hat bundesweit analysiert, wie Städte, Gemeinden und Kreise die Vorgaben der UN-BRK umsetzen. Die heute veröffentlichten Ergebnisse belegen: Nur 41 Prozent der Städte mit über 50.000 Einwohnern haben überhaupt Pläne zur Umsetzung erarbeitet oder abgeschlossen. Das reicht nicht aus, um Inklusion flächendeckend zu gewährleisten.
Selbsthilfe ist eine tragende Säule unseres gesellschaftlichen Miteinanders. Sie bietet Menschen die Möglichkeit, sich gegenseitig zu unterstützen, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu finden – insbesondere dort, wo professionelle Hilfe nicht ausreichend vorhanden ist. Doch um dieses Engagement nachhaltig zu sichern, braucht es klare politische Rahmenbedingungen, eine verlässliche Finanzierung und eine gezielte Integration in digitale Versorgungsstrukturen. Genau hierzu hat der Paritätische Wohlfahrtsverband ein Eckpunktepapier erarbeitet, das konkrete Vorschläge für eine zukunftsfähige Selbsthilfe formuliert.
Kaum ein Thema bewegt derzeit so sehr wie die Künstliche Intelligenz. Ob im Job, in der Freizeit oder beim Ehrenamt – smarte Systeme wie ChatGPT, Adobe Firefly, Gemini oder Canva sind längst mehr als nur Technikspielereien. Mit wenigen Klicks lassen sich Texte, Bilder, Musik und sogar ganze Videos erstellen. KI schreibt Protokolle aus Notizen, hilft beim Veranstaltungsmanagement und gibt Vorschläge für Sightseeing-Routen, die nicht nur spannend, sondern auch logisch getaktet sind.
So beeindruckend die Möglichkeiten auch sind, neue Technologien bringen immer auch Herausforderungen mit sich. Neben dem hohen Energieverbrauch, den viele KI-Anwendungen verursachen, sind auch rechtliche Fragen in den Fokus gerückt. Datenschutz, Urheberrecht, Transparenz – wer KI nutzt, sollte wissen, worauf es ankommt.
Das Deutsche Museum München geht einen bedeutenden Schritt in Richtung Inklusion: Ab Ende April werden Führungen von Tandems aus Menschen mit und ohne Behinderung angeboten. Dabei wechseln sich die Guides ab und präsentieren jeweils einzelne Exponate – ein Konzept, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Berührungsängste abbauen kann.
Besonders spannend ist, dass die Guides mit Behinderung die Inhalte ihrer Führungen selbst auswählen und so ihre eigenen Interessen einbringen. Das schafft eine persönliche Verbindung zu den Ausstellungsstücken und ermöglicht den Besuchern, die Themen aus einer neuen Perspektive zu erleben. Viele Gäste begegnen dabei zum ersten Mal Menschen mit Behinderung in einer leitenden Rolle, was das Bewusstsein für Inklusion stärkt. Auch die Guides ohne Behinderung sammeln neue Erfahrungen und erweitern ihren Blick auf das Thema.
Neurodiverse Menschen, darunter Personen mit Autismus, ADHS oder Tourette, wurden lange auf dem Arbeitsmarkt übersehen. Doch ihre besondere Art der Informationsverarbeitung kann auch ein Vorteil sein – eine Erkenntnis, die zunehmend von Unternehmen anerkannt wird.
Leonie Land lebt mit dem Tourette-Syndrom und erlebt seit ihrem siebten Lebensjahr unkontrollierte Tics. Trotzdem verfolgt sie eine vielseitige Ausbildung: Sie studiert Wirtschaftsinformatik im Fernstudium, lernt eine neue Sprache und Gitarre. Ihre außergewöhnliche Aufnahmefähigkeit zeigt, dass neurodiverse Menschen nicht nur durch ihre Herausforderungen definiert werden sollten.
In einem Interview mit der taz sprechen Jo Lücke und Franzi Helms über die fehlende Anerkennung unbezahlter Sorgearbeit und ihre Forderungen nach politischen Veränderungen. Sorgearbeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft, doch oft bleibt sie unsichtbar und wird kaum wertgeschätzt. Lücke und Helms setzen sich dafür ein, dass unbezahlte Care-Arbeit endlich als essenzielle Leistung anerkannt wird. In einer idealen Welt sollte niemand aufgrund von Sorgearbeit wirtschaftliche Nachteile erfahren oder Angst vor Armut haben müssen. Faire Löhne für Pflegekräfte und Erzieher:innen, bessere Arbeitsbedingungen und ausreichend Zeit für zwischenmenschliche Fürsorge könnten zu einer gerechteren Gesellschaft führen.
Der International Council of Nurses (ICN) hat während seines Weltkongresses in Helsinki neue Definitionen für „Pflege“ und „Pflegefachperson“ vorgestellt. Ziel dieser Neuerung ist es, ein modernes, international anschlussfähiges und professionsgeleitetes Verständnis von Pflege zu etablieren. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) unterstützt diese Entwicklung und sieht darin eine Chance, die Sichtbarkeit und Anerkennung der Pflegefachpersonen weltweit zu stärken.
Die neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen eine besorgniserregende Entwicklung: Im Mai 2025 waren 184.015 schwerbehinderte Menschen in Deutschland arbeitslos gemeldet, was einen Anstieg um 10.791 Personen im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Diese Zunahme unterstreicht die anhaltenden Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung.
Die Geschlechterverteilung macht ebenfalls deutlich, dass 108.743 Männer und 75.272 Frauen betroffen sind. Allerdings berücksichtigt die Statistik nicht die mehr als 300.000 behinderten Menschen, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten, wodurch die tatsächliche Zahl der Betroffenen noch höher sein könnte.
Die Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse zum Bundesteilhabegesetz (BTHG) durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat wichtige Erkenntnisse geliefert: Trotz der gesetzlich verankerten Rechte bleibt die tatsächliche Umsetzung in vielen Bereichen unzureichend. Die Diakonie Deutschland und der Evangelische Bundesfachverband für Teilhabe (BeB) sehen dringenden Handlungsbedarf und appellieren an die kommende Bundesregierung, die Umsetzung der bestehenden Regelungen mit den Bundesländern zu beschleunigen.
Die Untersuchung zeigt, dass Teilhabeleistungen trotz klarer gesetzlicher Vorgaben nicht überall gewährt werden. Es bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern, was dazu führt, dass Menschen mit Behinderung nicht flächendeckend auf die ihnen zustehenden Leistungen vertrauen können.
Die jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz auf dem Kommunalkongress des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sorgen für Empörung. Seine Kritik an den jährlichen Steigerungsraten von bis zu zehn Prozent bei der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe wirft Fragen auf: Wird hier gezielt an den Leistungen für Menschen mit Behinderung gespart?
Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und ehemalige Bundesministerin, zeigt sich alarmiert. Sie warnt vor den weitreichenden Konsequenzen einer solchen politischen Haltung. „Mit dieser Aussage suggeriert der Kanzler, dass Menschen mit Behinderung und ihre Familien zu Unrecht staatliche Leistungen beziehen und zu viel kosten. Das ist absolut inakzeptabel!“, betont Schmidt.
Am 3. Juni 2025 hat die Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, den Jahresbericht 2024 vorgestellt. Die Zahlen sind besorgniserregend: Insgesamt gingen 11.405 Anfragen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein. Besonders häufig wurden rassistische Diskriminierung (43 %), Benachteiligungen aufgrund einer Behinderung oder chronischen Erkrankung (27 %) sowie geschlechtsbezogene Diskriminierung (24 %) gemeldet, wobei letztere auch Fälle sexueller Belästigung einschließt.
Hitze stellt ein ernstes Gesundheitsrisiko dar – insbesondere für ältere Menschen und Kinder mit Vorerkrankungen. Der Deutsche Caritasverband (DCV) und die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sind sich einig: Hitzeschutz ist Arbeitsschutz. Gerade für die über 125.000 Einrichtungen und Dienste der Wohlfahrtspflege hat dies eine enorme Bedeutung.
Die Caritas fordert eine Investitionsoffensive für die Wohlfahrt, die gleichzeitig dem Arbeitsschutz und dem Klimaschutz dient. Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa warnt davor, dass schlecht isolierte Altenheime und Jugendwohnanlagen im Sommer zu regelrechten Hitzefallen werden, weil notwendige Klimaanpassungen bislang nicht ausreichend finanziert wurden. Eine nachhaltige und umfassende Refinanzierung ist dringend erforderlich, um die Sicherheit und Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten.
Die politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen ist ein grundlegendes Menschenrecht, das durch die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verankert ist. Dennoch fehlt es in Deutschland an einer umfassenden und wirksamen Umsetzung. Beim 69. Treffen der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Mainz wurde erneut deutlich, dass politische Teilhabe weit über das Recht zu wählen hinausgeht – sie beinhaltet die aktive Mitgestaltung politischer Entscheidungsprozesse.
Im Rahmen der Staatenprüfung durch die Vereinten Nationen im Jahr 2023 äußerte der UN-Fachausschuss deutliche Kritik an der Umsetzung der UN-BRK in Deutschland und forderte Maßnahmen zur Verbesserung der Partizipation. Dazu gehören unter anderem die institutionelle Verankerung von Beteiligungsrechten, die Stärkung von Organisationen von Menschen mit Behinderungen und die Sicherstellung barrierefreier Beteiligungsverfahren. Politische Partizipation ist ein zentrales Qualitätsmerkmal einer funktionierenden Demokratie. Sie muss auf allen Ebenen – sowohl legislativen, exekutiven als auch judikativen – gewährleistet werden, damit Menschen mit Behinderungen aktiv in politische Prozesse eingebunden werden.
Vier Jahre sind vergangen seit dem schrecklichen Verbrechen im Oberlinhaus in Potsdam, bei dem vier Bewohner durch die Hand einer Pflegerin ihr Leben verloren. Doch nun, wenige Tage nach diesem traurigen Jahrestag, steht die Einrichtung erneut im Fokus der Justiz. Diesmal geht es um Vorwürfe schwerer Gewalt gegen mehrfach behinderte Bewohnerinnen einer Wohneinrichtung für taubblinde Erwachsene.
Laut Anklage soll eine Mitarbeiterin in insgesamt acht Fällen gewalttätig geworden sein, wodurch sie schwerste Körperverletzungen verursacht habe. Die Angeklagte ist bereits seit 2024 von ihrem Dienst suspendiert, und der bevorstehende Prozess vor dem Amtsgericht Potsdam ist auf nur einen Sitzungstag angesetzt – ein beunruhigendes Zeichen für die Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit des Falls.
Manche Botschaften verlieren nie ihre Bedeutung – genau deshalb möchten wir heute noch einmal auf ein ganz besonderes Musikvideo hinweisen. Mitglieder von KIDS Hamburg e.V. haben mit viel Leidenschaft und Freude den Song “Irgendwie normal” von Roger Reddich interpretiert. Entstanden ist das Video während der Lockdown-Zeit, in der die Beteiligten nicht nur gelernt und gespielt, sondern auch getanzt und gesungen haben.
In der Mai-Ausgabe der „Unstatistik des Monats“ geht es um die oft verzerrt dargestellten Arbeitszeiten in Deutschland. Bundeskanzler Friedrich Merz fordert eine „gewaltige Kraftanstrengung“ der Beschäftigten und beruft sich auf eine Statistik des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die zeigt, dass deutsche Arbeitnehmer im internationalen Vergleich weniger Stunden leisten. Doch die Quelle dieser Daten, eine OECD-Statistik, enthält einen klaren Warnhinweis: Länder-Vergleiche sollten mit Vorsicht betrachtet werden, da Unterschiede in Erhebungsmethoden und Berechnungsgrundlagen das Bild verfälschen.
Die politische Landschaft Deutschlands hat eine bedeutende Neuerung erfahren: Erstmals wurde in der 21. Legislaturperiode des Bundestages ein Hauptausschuss für Engagementpolitik geschaffen – der Ausschuss »Sport und Ehrenamt«. Dies ist ein längst überfälliger Schritt, für den sich das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) seit Jahren eingesetzt hat.
Bislang wurden Themen rund um die Rahmenbedingungen für Engagement und Ehrenamt im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement behandelt, der dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend untergeordnet war. Mit der Einrichtung des neuen Hauptausschusses erfährt die Engagementpolitik nun eine eigene institutionelle Anerkennung und kann gezielter beraten und entschieden werden.
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